Aus Fussballtraining 8/2014 von Rainer Zietsch:
"Ein roter Faden für die "Cluberer"
Qualitätssicherung durch einen einheitlichen Trainingsaufbau
Das Hauptkriterium in der Bewertung der Nachwuchsarbeit ist die Durchlässigkeit zu den Profis (...) Rainer Zietsch - Leiter des Leistungszentrums - stellt die Philosophie der Cluberer und den für alle Teams verbindlichen einheitlichen Trainingsaufbau vor.
Das wichtigste Ziel der Nachwuchsförderung ist die individuelle Entwicklung der Spieler!
Klar wollen wir mit allen unseren Mannschaften in der jeweils höchsten Spielklasse antreten. Und natürlich ist es unser Ziel möglichst viele Spiele zu gewinnen und in der Tabelle weit oben zu stehen. Noch wichtiger ist uns jedoch die optimale individuelle Förderung unserer Talente. Ein Anspruch, der mit sturem Resultatsdenken nicht vereinbar ist.
So sind unsere Trainer im Grundlagen- und Aufbaubereich aufgefordert, allen Spielern - nicht nur den aktuell Besten - die für eine optimale Entwicklung nötige Spielpraxis zu ermöglichen. Dies jedoch nicht aus Gründern der Gleichbehandlung, sondern weil die Talentprognose in diesem Altersbereich noch sehr schwierig ist, große körperliche Unterschiede zwischen den Spielern bestehen und die Spanne zwischen Perspektiv- und Augenblicksleistung am größten ist. Besondere Weitsicht ist bei der Beurteilung von in der zweiten Jahreshälfte geborenen Spielern gefragt. Altersunterschiede von bis zu 12 Monaten innerhalb eines Jahrganges führen häufig zu einer Vernachlässigung der jüngeren und körperlich noch nicht so weit entwickelten Spieler. Hier sehen wir die Chance, einen großen Spielerpool noch besser zu fördern.
Zu einer optimalen individuellen Förderung gehört auch, besonders begabte Spieler nicht in ihrem Jahrgang, sondern in einer höheren Mannschaft einzusetzen, Spieler hochzuziehen, schwächt zwar die betroffenen Mannschaften, ist für die weitere Entwicklung der Spieler zwingend erforderlich.
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In der Praxis des Club-NLZ`s kann man über solche Ausführungen sich nur kaputtlachen, denn sie sind fern der Club-Realität:
Es klingt alles so wunderschön nach heiler Welt. Klar kann man allen Spielern gleiche Einsatzzeiten geben. Da der Trainer aber an den Erfolgen gemessen wird und er seinen Vertrag gerne verlängern möchte, passiert folgendes: Im Spiel gegen Bayern spielen die Besten, im Spiel gegen VFL Posemuckel der Rest. So findet mit Sicherheit keine individuelle Förderung der Talente statt. Es sei denn, man geht davon aus, dass sich die Halbe Mannschaft zukünftig mit dem VFL Posemuckel rumschlagen muss.
In den Sitzungen beim Zietsch muss der Trainer jedenfalls vor allem seine Ergebnisse präsentieren. Die Einsatzzeiten werden erfasst oder auch nicht oder einfach nur geschätzt, soweit nicht in offiziellen Berichten ablesbar. Sind aber in diesen Sitzungen echt nicht wichtig.
Es gibt keine Erkenntnis, wann die Spanne zwischen Perspektiv- und Augenblicksleistung wirklich passt. Vor allem die Perspektivleistung ist höchst subjektiv: Wir schicken gute Spieler weg und holen Neue. Pro Jahr in den einzelnen Mannschaftsstufen irgendwo zwischen 25 und 50 Prozent. Je nach Ergebnissen (!). Von den neuen versprechen wir uns natürlich mehr, als die die da sind, denn die kennen wir schon. Dabei haben wir die im Verein einige Jahre ausgebildet, also echt investiert. Irgendwann erkennen wir, dass die neuen Spieler es auch nicht bringen und schicken die wieder weg. Manchmal schon nach einem Jahr.
Da fragt sich, wie toll unser Scouting ist, aber auch, wie toll unser Training inhaltlich ist, um die Spieler wirklich gezielt zu verbessern. Ich halte beides für sehr schlecht entwickelt!
Natürlich gibt es körperliche Unterschiede zwischen den Kindern. Zietsch tritt dieses aber vor allem deshalb so breit, weil seine Kinder in der Pubertät zurück hängen (U15) bzw. als November-Kind (U11) deutliche Defizite haben. Wenn man die Geburtstagslisten in anderen NLZs anschaut, stammen im Schnitt mindestens rund 75% der Kinder aus den Monaten Januar - März. Eben gerade, weil die jüngeren Kinder das Problem haben, sich später zu entwickeln als solche Kinder, mit denen Sie im Wettbewerb um einen NZ-Platz stehen. Dies gilt auch im Club-NLZ. Herr Zietsch hat hier kein Geschäftsmodell entdeckt im Sinne von "wir holen hier die Kinder, die in anderen NLZs keinen Platz erhalten". Nein, es geht ihm nur um seine. Alle anderen mit entsprechenden Defiziten werden weder zum Training eingeladen, noch dürfen sie bleiben, wenn man z.B. in der U14 oder U15 plötzlich merkt, dass sie zu klein sind. Vielleicht sollte man sich beim Scouten auch mal die Eltern oder Geschwister angucken bzw. die entsprechenden Untersuchungen vornehmen.
Den Satz, dass Spieler, die hochgezogen werden, erst einmal die höhere Mannschaft schwächen sollten sich die Eltern aller Club-Talente und auch diese selbst genau merken! Hochgezogen werden also Talente, aber die sind für den älteren Jahrgang zu schwach. Deswegen sitzen Sie in der Praxis ja bis auf Ausnahmen ja nur auf der Bank und werden dann höchsten eingewechselt. Denn der Trainer wird an den Ergebnissen gemessen und nicht an der Förderung einzelner. In ihrem eigentlichen Jahrgang spielen sie das Wochenende dann nicht - das nennt sich also Talentförderung á la Club!